Amos – Mutig gegen die Ungerechtigkeit
Die Story:
Dass Mütter und Väter von ihrem Einkommen nur mehr schwer das Leben ihrer Familie bestreiten können, ist leider nichts Neues. Bereits vor 2800 Jahren benannte der Prophet Amos den Zustand, dass das Einkommen für Wohnen, Essen, Kleidung und Leben nicht mehr ausreicht, als ungerecht. Damit wurde er seiner Berufung als Prophet gerecht, nicht weil er zukünftiges vorhersagte wie manche glauben, dass das Aufgabe der Propheten sei, sondern weil er gegenwärtige Missstände „hervorsagte“, indem er sie konkret benannte.
Der im heutigen Israel lebende Prophet klagte die soziale Ungerechtigkeit, die von der Oberschicht der Gesellschaft gegenüber den Bauern und Armen ausgeübt wurde, aufs schärfste an. Die Bauern und Armen in seiner Zeit wurden von den Mächtigen und Reichen ihres Landes ausgebeutet. Niedrige Löhne und hohe Steuerzahlungen führten dazu, dass Bauern zu wenig Geld zum Leben hatten und ihr Land verkaufen mussten. Land, das sie für den Lebensunterhalt ihrer Familien gebraucht hätten. Die Gier nach Macht und Reichtum einer an der Zahl kleinen Oberschicht führte viele Menschen aus der Unterschicht in Armut und Sklaverei, wodurch das Leben ihrer Familien bedroht wurde.
Der Prophet Amos sprach aus, was er sah. Er hatte keine Scheu, Missstände zu benennen durch die andere Menschen ausgenützt und klein gehalten wurden. Weil Amos – wie sein Name bedeutet – sich „von Gott getragen“ wusste, hatte er den Mut, sich den religiös Mächtigen – den Priestern und Berufspropheten, den wirtschaftlich Mächtigen – also den Großgrundbesitzern und Bonzen, sowie den Herrschenden – also den Politikern seiner Zeit – in den Weg zu stellen. Im Namen Gottes kritisierte er diese Männer, die ihre Macht nicht zum Wohle aller Menschen einsetzten, sondern diese ausnützten, um ihren eigenen Wohlstand zu vermehren. Sie rechtfertigten ihr Tun durch religiöse Feiern und Gottesdienste, die der Prophet Amos mutig als „hohl“ verurteilte. Er hatte den Mut zu sagen was war und was er sah: die Ungerechtigkeiten, die nur dem Wohl der „Mächtigen“ dienen sollten.
Auch wir erleben heute Situationen, wo mächtige Konzerne ihre Angestellten schlecht bezahlen und Staaten und deren Bevölkerungen moralisch betrügen, indem sie Steuerschlupflöcher zu ihren Gunsten ausnützen und die eigenen Gewinne maximieren. Auch heute brauchen wir mutige Menschen wie Amos, die diese Dinge beim Namen nennen und dagegen aufstehen.
Wer wirklich an Gott glaubt, so die Hauptaussage des Propheten Amos, sorgt für soziale Gerechtigkeit und setzt sich dafür ein, dass alle Menschen gut leben können, denn dadurch wird das friedliche Miteinander gestärkt. Das war damals relevant und ist auch heute wichtig und ist ein wesentlicher Ausdruck dafür, dass Gottesglaube nicht nur Worthülsen sind, sondern im täglichen Tun wirklich wird.
Amos war kein großer Gelehrter, sondern einfacher Hirte, der bei seiner Arbeit mit den Schafen den Ruf Gottes gehört hatte. „Geh und rede prophetisch zu meinem Volk Israel“, lautete der Ruf, der ihn zum Propheten machte. Unter prophetischer Rede verstand man damals nicht, zukünftiges vorher zu sagen, sondern gegenwärtige Unrechtssituationen hervor zu sagen und klar zu benennen und dies ohne Furcht vor den Konsequenzen. Wie auch damals braucht es heute Menschen, die auf Ungerechtigkeiten hinweisen und sich für ein gerechteres und besseres Miteinander einsetzen – sei es in der Klasse, in der Familie, im Freundeskreis oder im Sportverein. Aufzustehen und die Dinge beim Namen zu nennen, wie es der Prophet Amos tat, erfordert Mut, denn die Konsequenzen können unangenehm sein. Sich für Gerechtigkeit einzusetzen erfordert nicht unbedingt gläubig zu sein. Aber jeder, der wie Amos an Gott glaubt, ist aufgefordert, Unrecht beim Namen zu nennen und gegen Machtmissbrauch aufzustehen. Das kannst auch du!
Magdalena Holztrattner, Direktorin Katholische Sozialakademie Österreichs
Die Botschaft:
- Wer an Gott glaubt, dem können die Menschen nicht egal sein. Lass dich nicht von Gleichgültigkeit anstecken. Sei aufmerksam, besonders auch da wo Menschen leiden.
- Manchmal sagen gerade die Leute etwas Wahres, von denen wir es nicht erwartet hätten. Leute, die vielleicht keine besondere Ausbildung in diesem Bereich haben. Wenn wir bereit sind zuzuhören und zu lernen, kann das dem Wohl aller dienen.
- Wage es, den Mund aufzumachen, wenn Unrecht geschieht!
Zum Weiterlesen:
- Am 6,1-14: Amos prangert die falsche Sorglosigkeit und Selbstsicherheit an, in der sich die Reichen und Mächtigen glauben. Macht und Reichtum können nicht vor Unheil schützen. Nur Gerechtigkeit und Frieden sind zukunftsweisende Wege.
Aktuell im Lesejahr:
- 15. Sonntag im Jahrekreis (15.07.2018): Weil Amos unbequeme Wahrheiten sagt, ist er unbeliebt. Die Mächtigen wollen ihn und seine Botschaft nicht hören. Aber Amos weiß, dass er im Auftrag Gottes spricht – und über das Unrecht nicht schweigen kann. (Am 7,12-15)