Katholische Jugend Österreich äußert Skepsis zu Frauenvolksbegehren
Wien, 09.02.2018. Rund 20 Jahre, nachdem sich 650.000 Menschen für die Gleichstellung von Frauen stark gemacht haben, gibt es mit der Initiative Frauenvolksbegehren 2.0 einen zweiten Anlauf, da noch immer vieles nicht ausreichend angeglichen wurde. Die Katholische Jugend kann einige, jedoch nicht alle, der Anliegen teilen.
„Wir regen zu einer intensiven Auseinandersetzung mit den Themen des Frauenvolksbegehrens an, eine vorbehaltlose Empfehlung zur Unterstützung können wir nicht aussprechen“, so Sophie Matkovits, ehrenamtliche Vorsitzende der Katholischen Jugend Österreich einleitend.
Laut Matkovits beinhalte das Volksbegehren einige Forderungen, die absolut unterstützenswert seien. So spricht sich die Katholische Jugend für ein gleiches Verhältnis von Frauen und Männern in den Vertretungskörpern auf Gemeinde, Landes- und Bundesebene, in politischen Interessensvertretungen und in Kontrollgremien von Kapitalgesellschaften sowie Genossenschaften aus. Auch die Beseitigung der Lohnschere ist der Jugendorganisation stets ein Anliegen.
Dass es eine Veränderung braucht, weil der Großteil der unbezahlten Sorge- und Hausarbeit bei Frauen liegt und eine gleiche Aufteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit anzustreben ist, sieht die Katholische Jugend genauso. „Ob dafür die Einführung einer allgemeinen 30 Stunden-Woche bei Lohn- und Gehaltsausgleich das Gebot der Stunde ist, zweifeln wir allerdings an“, so die ehrenamtliche KJÖ-Vorsitzende.
Vollste Zustimmung seitens der Katholischen Jugend findet die Offensive für Gewaltschutz und –Prävention. „Dass jede fünfte Frau über 15 Jahre in Österreich von körperlicher Gewalt betroffen ist, jede Dritte von sexueller Gewalt und sogar fast drei Viertel von sexueller Belästigung, ist untragbar“, so Sophie Matkovits.
Unterstützung findet auch die im Kapitel Selbstbestimmung angegebene Verankerung und Finanzierung von zeitgemäßen Bildungsmaßnahmen zu Sexualität, Schwangerschaft und Verhütung. Der Ausbau von Beratungsstellen, die umfassend und ergebnisoffen beraten, begrüßt die katholische Jugendorganisation.
Wogegen sich die Katholische Jugend ganz klar ausspricht, ist eine pauschale Finanzierung von Verhütungsmitteln und Schwangerschaftsabbrüchen durch die Krankenkassen sowie die Durchführung von Schwangerschaftsabbrüchen in allen Krankenanstalten.
„Wir beobachten darin die Tendenz, dass Schwangerschaftsabbrüche, Nebenwirkungen und ihre weitreichenden Konsequenzen verharmlost werden“, erklärt Matkovits und fügt hinzu: „Den Eindruck zu vermitteln, es handle sich um einen beiläufigen Eingriff mit vernachlässigbaren Nebenwirkungen, geht an der Situation der betroffenen Frauen vorbei. Tatsache bleibt, dass ein Schwangerschaftsabbruch den betroffenen Menschen und seine Beziehungen vor große ethische, psychische und theologische Herausforderungen stellt.“
Die Katholische Jugend spricht sich hier klar für eine längst überfällige Ursachenforschung aus, ist sie doch seit Jahren Unterstützerin der Kampagne „Fakten Helfen“ vom Verein „aktion leben“. „Als Katholische Jugend verstehen wir uns als Anwältin für das Leben, sind uns der besonderen Verantwortung im Blick auf das vorgeburtliche Kind bewusst und setzen uns für dieses ein“, erklärt die ehrenamtliche KJÖ-Vorsitzende abschließend.
Es ist klar erwiesen: Je besser der Zugang zu Aufklärung und Verhütungsmitteln, desto geringer die Zahl der Abtreibungen. Ich kann daher nicht verstehen, warum die Forderung nach Übernahme der Kosten für Verhütungsmittel nicht unterstützt wird. Sicher stimmen Sie mir zu, dass es Kindern und Eltern am besten geht, wenn Kinder gewünscht und geplant werden und nicht als „Unfall“ passieren. So bleibt der Eindruck, es ginge der KJÖ nicht um möglichst glückliche, verantwortungsvoll gelebte Familien, sondern um … ja, ich weiß nicht was. Warum wollen Sie es (jungen) Menschen nicht ein bisschen leichter machen, sich bewusst für Kinder zu entscheiden? Gerade wenn man Abtreibung kritisch sieht, sollte man doch im Vorfeld alle Maßnahmen unterstützen, die ungewollte Schwangerschaften verhindern.
Liebe Katholische Jugend, ich finde es höchst erstaunlich, enttäuschend, dass ihr euch als Jugendorganisation gegen kostenlose Verhütungsmittel aussprecht. Ungewollte Schwangerschaften können Frauen – und ihr solltet doch auch einen Blick auf die Frauen haben – massiv in exestenzielle Krisen bringen. Es sind die (auch jungen) Frauen, die Stärkung, Unterstützung, Eigenmacht brauchen. Ich sehe auch keine Verharmlosungstendenz bezüglich Verhütung und Schwangerschaftsabbruch, seht ihr das bei euren Jugendlichen? Und die hauptsächlichen Gründe für Abtreibung sind doch auch bekannt: schwierige Lebenssituation, gewalttätige Beziehung, Existenzängste, Armut (davon sind vor allem Frauen und Kinder betroffen)… Bekanntlich verhindern Verhütungsmittel Schwangerschaften (somit auch Abbrüche), sie ermöglichen ein angstfreies Sexualleben… gerade bei jungen Menschen sollen doch nicht die Kosten eine Hürde sein?!
Gerade ihr solltet der Tradition der Katholischen Jugend entsprechend eure Positionen für das Leben von jungen Menschen und ihrer Zukunft beziehen!
Mit freundlichen Grüßen
Anni Van den Nest (ehemalige katholische Jugendleiterin)
Liebe Pamela, liebe Anni, danke für eure Rückmeldungen.
Im Rahmen einer verantwortungsvollen Partnerschaft gehört für die Katholische Jugend die offene Kommunikation über die Verwendung und den Gebrauch von Verhütungsmitteln dazu. Ein fundiertes Wissen über die verschiedensten Verhütungsmethoden und ihre Vor- und Nachteile ist essentiell dafür, sich bewusst für oder gegen eine bestimmte Methode entscheiden zu können. Eltern, Ärzte, Ausbildungsstätten und Beratungsstellen sind hier wesentlich in die Verantwortung genommen.
Wie wir in unserer Presseaussendung schreiben, sehen wir in der pauschalen Finanzierung von Schwangerschaftsabbrüchen durch Krankenkassen und den gewünschten leichten Zugang, eine Tendenz zur Verharmlosung. In Österreich gibt es keine Erhebung der Gründe für Schwangerschaftsabbrüche und die statistischen Werte für die Gründe dafür sind somit nicht bekannt. Auch in den derzeit nicht geregelten Beratungen werden die Gründe nicht behandelt. Schwangerschaftsabbrüche sind für die betroffenen Menschen ein große ethische, psychische und theologische Herausforderungen und Belastung. Durch den im Volksbegehren pauschalen und leichten Zugang, werden die Personen mit diesen Herausforderungen und Belastungen alleine gelassen. Mütter und Väter, die sich in der Entscheidungsphase befinden, brauchen offene Ohren, Verständnis und kompetente Fachkräfte, die sie umfassend in diesem schwierigen Prozess begleiten und unterstützen. Schwangerschaft, Verhütung und Schwangerschaftsabbruch dürfen als Realität junger Menschen nicht ausgeklammert werden. Nur in der Annahme und im liebevollen Blick auf diese Realität ist gute aufklärende Arbeit möglich.
Abschließend möchten wir festhalten:
Die Katholische Jugend versteht sich als Fürsprecherin einer verantwortungsvollen Elternschaft. Wir unterstützen junge Mütter und Väter, um ihren Blick auf die wertvollen Momente dieser prägenden Zeit zu entfalten. Gleichzeitig ist die Beratung, Betreuung und Begleitung für diejenigen, die sich, aus welchen Gründen auch immer, gegen eine Elternschaft entscheiden essentiell. Dafür benötigt es Fachkräfte und kompetente Anlaufstellen.
Ich ärgere mich über Ihre Antwort: Die Gründe für eine Abtreibung sind sehr wohl bekannt, Frauen sprechen seit Jahrzehnten darüber, Beratungsstellen und Abtreibungskliniken kennen sie ebenfalls. Anni hat die Gründe auch noch einmal ausdrücklich in ihrem Kommentar hingeschrieben. Schwangere können sich für ein Kind entscheiden, wenn die Elternschaft nicht ihre (seelische, finanzielle, berufliche, familiäre, gesundheitliche) Existenz gefährdet. Diese Abwägung ist schwierig genug. Für arme Schwangere wird sie noch zusätzlich dadurch erschwert, dass sie sich fragen müssen, ob sie die enormen Kosten einer Abtreibung, vielleicht auch noch mit einer teuren Anreise und Übernachtung, irgendwie finanzieren können.
Es wird immer Schwangere geben, die abtreiben (müssen). Je ärmer die Schwangere, desto schwieriger und belastender ist die Situation für sie. Dass eine christliche Organisation wie die Katholische Jugend ausgerechnet den Armen in den Rücken fällt, enttäuscht mit als ehemalige Jungschargruppenleiterin und ehemaliges Mitglieder der Katholischen Jugend besonders.
Ach ja, und das Thema „Verharmlosung“: Mir ist noch nie, nie, nie eine Frau begegnet, die Abtreibung auf die leichte Schulter nimmt. Aber das hängt überhaupt nicht damit zusammen, wieviel Geld sie dafür ausgeben muss.